Es gibt so Leute, die würde man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit lieben und verehren, wenn man sie denn nur kennen würde. Monika Ertl ist so ein Mensch. Wie ist das?
Millionen Menschen laufen in Che Guevara T-Shirts rum oder haben ein Che Poster an der Wand; einen Sticker, Aufkleber was auch immer. Die Frau, die seinen Tod gerächt hat, kennt dagegen kein Mensch. Dabei hat sie alles Potenzial zu einer Heldin der Revolution. Sie war jung, schön, talentiert und kämpfte mit der ELN im Dschungel Boliviens gegen das Militär. Und Sie war es, die am 1. April 1971 Quintanilla Pereira erschoss.
Pereira war zu der Zeit Boliviens Generalkonsul in Hamburg. Hinter dieser Fassade hatte er Zuflucht gesucht, um dem Fluch Fidel Castros zu entgehen. Bevor er sich den Anstrich eines seriösen Diplomaten gab, war er Geheimdienstchef seines Heimatlandes und direkt verantwortlich für zahllose grausame Hinrichtungen und Attentate.
Castro hatte den Mördern von Che Guevara Rache geschworen und Quintallas Name stand auf dieser Liste ganz oben. Er war verantwortlich für das Attentat auf den kubanischen Revolutionshelden und auf seinen Befehl hin hackte man dem toten Commandante nach der Ermordung auch noch die Hände ab; als Beweis für seinen Tod.
Zu Pereiras Opfern zählte Che genauso wie sein Nachfolger Inti Peredo. Der war ganz nebenbei auch noch Monika Ertls Liebhaber und es grenzte fast an ein Wunder, dass sie in der Nacht des Überfalls nicht an seiner Seite war. Monika Ertl hatte allen Grund Roberto Quintanilla zu hassen und das tat sie ganz offensichtlich. Im Sommer 1970 verfasst sie dieses kurze Gedicht:
“Quintanilla, Quintanilla….,
Du wirst in Deinen Nächten keinen Frieden mehr finden…
Du raubtest Inti das Leben
Und du meintest das ganze Volk.”
Pereira wusste um offenbar um die Todesliste und dass die Linksextremisten weder Kosten noch mühen scheuen würden, um seiner habhaft zu werden. Er ging also nach Hamburg. Womit er offenbar nicht gerechnet hatte war Monika Ertl. Sie hatte sich dem bolivischen Untergrund angeschlossen, geboren war sie allerdings in Oberbayern.
Ihr Vater war ein hoch begabter Filmemacher und sie wuchs in der bürgerlichen Behaglichkeit des Nachkriegsdeutschlands auf. 1954 wanderte die Familie nach Bolivien aus. Hans Ertl war offenbar verärgert, dass er für seine Dokumentation über den Nanga-Parbat keinen Filmpreis bekommen hatte. Das sagt wohl einiges über sein Temperament aus.
Der Vater kaufte eine Farm in Bolivien, blieb aber Deutscher mit Herz und Seele. Monika wuchs behütet auf, aber mit allen Freiheiten, die sich einem in dieser Umgebung bieten. Sie wurde erzogen wie ein Junge, lernte schießen, kletterte mit dem Vater und zog mit ihm in den Dschungel. Geerbt hatte sie offenbar sein Temperament, nicht jedoch sein eher konservatives Weltbild. Außerdem schien sie seine NS Vergangenheit zu stören. Es kam zum Bruch zwischen den Beiden und nicht nur das.
Obwohl zu dem Zeitpunkt durch ihre Heirat wohl etabliert in der bolivianischen Oberschicht, lagen ihre Sympathien mit den armen und unterdrückten Indios. Als es zum Bruch kam, ließ sie sich – obwohl erzkatholisch erzogen – scheiden und kappte alle Verbindungen. Sie nahm eine neue Identität an als Imilla und zog in den Dschungel. Dort verliebte sie sich in Inti Peredo, den “Nachfolger” Che Guevaras. Ab dem Zeitpunkt bekämpfte sie das Establishment und das auch mit der Waffe. Sie war ein ausgezeichneter Schütze. Als er ihr das Schießen beibrachte, hätte ihr Vater sich sicher nicht hätte träumen lassen, wofür das einmal gut sein sollte.
Nach dem Attentat auf ihren Erzfeind Roberto Quintanilla Pereira in der bolivianischen Botschaft in Hamburg entkam Monika Ertl auf wundersame Weise. Es gab damals viel Spekulation in den Medien. Sie ging zurück nach Bolivien. Durch ihre Tat hatte sie sich hoch gestellte Feinde gemacht und war spätestens ab diesem Zeitpunkt auf einer eigenen Todesliste. 20.000 Dollar Preisgeld waren auf sie ausgesetzt. Auf eine solche Summe hatte es nicht mal der “Commandante” selbst gebracht. Auf Che waren gerade einmal 4200 Dollar ausgesetzt gewesen.
Im Mai 1973 wurde sie in einen Hinterhalt gelockt und erschossen. Ihr Leichnam wurde verscharrt. Verraten hatte sie wohl ein alter Freund der Familie; Klaus Altmann. Besser bekannt ist der unter seinem richtigen Namen Klaus Barbie, Gestapo-Chef im besetzten Frankreich und berüchtigt geworden als “Schlächter von Lyon”.
Vielleicht war sie ihm auf die Schliche gekommen und geriet so ins Visier des prominenten Ex-Nazis. Der hatte jede Menge Erfahrung bei der Bekämpfung von Partisanen und war ein geschätzter Berater des bolivianischen Sicherheitsdienstes. In Deutschland wurde die Akte nach ihrer Ermordung geschlossen.
Monika Ertl blieb die mutmaßliche Mörderin des bolivianischen Botschafters und im Boulevard bekannt als Che Guevaras Racheengel.
Anscheinend geriet ihre Geschichte in Vergessenheit, dabei hat alles Potenzial für eine Verfilmung. Vielleicht gibt es ja irgendwann einen Teil 3 zum aktuellen Film von Steven Sonderbergh.
Verdient hätte sie es irgendwie. Monika Ertl war eine schillernde Figur und nicht zuletzt ein Kind ihrer Zeit. Das darf man ihrer Beurteilung nicht vergessen.